BGH: Abmahnung durch Tell a Friend Funktion

Der BGH hat in seiner Entscheidung zu der Empfehlungsfunktion „Tell a Friend“ unmissverständlich Position bezogen und gleichsam dieser „einwilligungslosen Marketingoption“ ein vorläufiges Ende beschert.

Insoweit entschieden die Karlsruher Richter:

„Schafft ein Unternehmen auf seiner Website die Möglichkeit für Nutzer, Dritten unverlangt eine sogenannte Empfehlungs-E-Mail zu schicken, die auf den Internetauftritt des Unternehmens hinweist, ist dies nicht anders zu beurteilen als eine unverlangt versandte Werbe-E-Mail des Unternehmens selbst.[…]“

I. Was ist eine Tell a Friend Funktion?

Bei der sogenannten Tell a Friend Funktion profitieren Online Händler von dem Prinzip des Weitersagens. Mit Hilfe dieser Funktion können Nutzer bestimmte Produkte bzw. Webseiten Dritten (beispielsweise Freunden oder Bekannten) weiterempfehlen. Nachdem der Nutzer die E-Mail Adresse des Freundes in das entsprechende Feld eingetragen hat, bekommt dieser eine automatisch generierte E-Mail mit Hinweisen auf das empfohlene Produkt bzw. den Internetauftritt des Unternehmens. Häufig findet sich in diesem Zusammenhang auch die Möglichkeit, dass sich der Nutzer als „Versender“ eintragen kann.

Insoweit wurde bereits in der Vergangenheit häufig über die Missbrauchsgefahr solcher Tell a Friend Funktionen diskutiert. Online Händler könnten so - über den Umweg der „Freundesnachricht“ auf Ihre Produkte aufmerksam machen - ohne zuvor die gesetzlich vorgeschriebene Einwilligung des Empfängers einholen zu müssen.

Dieser Umgehungsmöglichkeit hat der BGH nun weitestgehend einen Riegel vorgeschoben. Insoweit wird die unverlangt zugesandte Tell a Friend E-Mail als unerwünschte Werbung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) angesehen.

Überraschend vermag dieses Urteil nicht zu sein. Denn der Werbebegriff i.S.v. § 7 Abs. 2 UWG wird schon seit langen von der Rechtsprechung weit verstanden und demnach großzügig ausgelegt.

So fällt unter „Werbung“ jede Maßnahme bzw. Äußerung, die beabsichtigt den Absatz des Unternehmens in irgendeiner Weise zu fördern. Ob der Absatz direkt oder auch indirekt gefördert wird, spielt indes keine Rolle. Maßgeblich ist allein die Tatsache, dass die geschäftliche Handlung in irgendeiner Form geeignet ist, den Absatz zu fördern. So argumentiert der BGH wie folgt:

„Entscheidend ist vielmehr allein das Ziel, das die Beklagte mit dem Zurverfügungstellen der Empfehlungsfunktion erreichen will. Da eine solche Funktion erfahrungsgemäß den Zweck hat, Dritte auf die Beklagte und die von Ihr angebotenen Leistungen aufmerksam zu machen, erhalten die auf diese Weise versandten Empfehlungs-E-Mails Werbung.“

II. Wer haftet?

Offen bleibt zwar die Frage, in wie weit sich der Shopbetreiber die Empfehlungs-E-Mail zurechnen lassen muss, wenn nicht er, sondern der Nutzer als Absender erscheint. Denn der BGH hat sich in seinem Urteil allein mit dem Umstand auseinandergesetzt, dass der Unternehmer als Absender in der E-Mail auftaucht und demnach als Verantwortlicher anzusehen ist.

Allerdings begründet der BGH die Verantwortlichkeit des Shopbetreibers nicht allein aus seiner Eigenschaft als Absender, sondern vor allem mit der Intention, welche hinter dem Konzept der Tell a Friend Werbung steckt:

„Maßgeblich ist, dass der Versand der Empfehlungs- E-Mails auf die gerade zu diesem Zweck zur Verfügung gestellte Weiterempfehlungsfunktion der Beklagten zurückgeht […]. Sinn und Zweck der Weiterleitungsfunktion der Beklagten bestehen auch gerade darin, dass Dritten (unter Mitwirkung unbekannter weiterer Personen) ein Hinweis auf den Internetauftritt der Beklagten übermittelt wird.“

Ob der Unternehmer nun im Rahmen der Tell a Friend E-Mail als Absender auftaucht oder nicht; ein Erscheinen des Unternehmens als Absender dürfte zwar umso stärker die Verantwortlichkeit darlegen; maßgeblich ist allerdings der Sinn und Zweck dieser Weiterempfehlungsfunktion, so dass auch in der Variante, in dem der Nutzer die Möglichkeit hat, sich als Absender im Formular einzutragen, von einer Zurechnung in die Sphäre des Unternehmens auszugehen sein dürfte. Dies gründet auch auf dem Gedanken, dass im diesem Falle um so mehr die Gefahr besteht, dass unerwünschte Spam Nachrichten über die „vermeintliche“ Freundes E-Mail direkt in das Postfach des Empfängers gelangen.

Zudem dürfte diese Variante auch in Hinblick der Irreführung i.S.v. § 6 Abs. 2 Telemediengesetz (TMG) nicht unproblematisch sein. Denn § 6 Abs. 2 TMG verbietet insoweit die absichtliche Verschleierung oder Verheimlichung der Identität des Absenders und des kommerziellen Charakters einer Nachricht. Insoweit sollte auch diese rechtliche Vorgabe im Auge behalten werden.

III. Rechtliche Konsequenzen:

Auch eine Tell a Friend E-Mail gilt demnach als Werbemail, die – wenn keine ausdrückliche Einwilligung des Empfängers vorliegt – als unzulässige Belästigung im Sinne des Wettbewerbsrechtes gilt (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG). Wer zukünftig weiterhin an diesem Empfehlungsprinzip festhält, muss das Risiko einer Abmahnung in Kauf nehmen.

Aber auch von Seiten des Empfängers können bei Nutzung solcher Tell a Friend Funktionen Unterlassungs- bzw. Schadenersatzansprüche wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechtes (bei Privatpersonen) bzw. wegen widerrechtlichen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb drohen.

IV. Fazit:

Dieses Modell der Tell a Friend Funktion wird wohl – zumindest in Ausgestaltung der einwilligungslosen Variante – mit diesem Urteil sein Ende gefunden haben.

Allerdings dürfte das Wegfallen dieser Tell a Friend Variante im Zeitalter der sozialen Netzwerke aus Sicht des Marketings weniger schwerwiegend ins Gewicht fallen.

Verwender solcher Tell a Friend Funktionen sollten daher auf die Einbindung verzichten und stattdessen auf andere Marketingstrategien zurückgreifen.

Autor: Susanne Richter
Quelle: Händlerbund